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Exkursiongruppe im Eingangsbereich des Národní Muzeums

Filmtunnel im Národní Muzeum

Exkursionsgruppe über den Dächern Prags

Die Bühne des Narodní Divadlos

Themenspaziergang zum Deutschen Fußballclub Prag im Letná Park

Exkursion nach Prag

mit Friederike Aschhoff und Anke Hilbrenner - 11. bis 15. März 2024

Im März 2024 fuhr eine Gruppe Studierender gemeinsam mit Friederike Aschhoff und Anke Hilbrenner auf Exkursion nach Prag. Hierzu veranstaltete Anke Hilbrenner zwei Übungen: "Prag als Metropole im Habsburger Reich" (WS 22/23) und "Prager Frühling im transnationalen Kontext: Geschichte der Protestbewegungen im östlichen Europa von 1953 bis in die 1980er Jahr" (WS 23/24). 

Mit viel Vorwissen, hatten Studierende die Möglichkeit die doch manchmal abstrakt erscheinenden Orte der Geschichte live und in Farbe in Prag zu erkunden. So startete die Exkursion mit einer Führung durch das Nationalmuseum am Wenzelsplatz. Am zweiten Tag organisierte Herr Miroslav Kunštát eine ausführliche Stadtexkursion durch das Habsburger Prag. Am Mittwoch gab es eine Führung durch das Nationaltheater, einen Besuch zum Lehrstuhl für Deutsch-Österreichische Studien an der Karlsuniversität und eine Aufführung von Smetanas „Die verkaufte Braut“ im Prager Nationaltheater. Am nächsten Tag stand ein Themenspaziergang zum Deutschen Fußballclub Prag mit Thomas Oellermann von der Friedrich Ebert Stiftung auf dem Programm, gefolgt von einem Filmabend zum selben Thema. Vor der Abreise, wurde eine Führung zum jüdischen Prag unternommen. 

Einige der Studierenden verfassten als Abschlussprüfung Erfahungsberichte zu einer der Stationen der Exkursion, die hier nachzulesen sind:

 

 

Karl IV. und der Prager St. Veits-Dom

Linda Rath

An einem verregneten Dienstag lernten wir, geführt von Dr. Miroslav Kunštát von den Internationalen Studien der Karls- Universität Prag, das Habsburger Prag kennen. Aus den Ausführungen von Herrn Kunštát stach für mich besonders der Einfluss eines Mannes hervor. Die Rede ist von dem Luxemburger Karl IV., römisch-deutscher Kaiser und König von Böhmen.

Karl IV. richtete seinen Blick bereits 1344 – mit der Erhebung Prags zum Erzbistum – nach Böhmen. Im selben Jahr ließ er den Grundstein für einen von Prags imposantesten Bauten legen: den des Veitsdoms (tsch. Katedrála sv. Víta). Die Türme des Prager St. Veits-doms im Hintergrund der Prager Burg. Der Dom thront inmitten der Prager Burg (Pražský hrad) und macht zusammen mit verschiedenen Gebäuden das Konglomerat der Schlossanlage aus. Mir ist nach der Exkursion der Dom ganz besonders in Erinnerung geblieben und wirft noch immer einige Fragen und Gedanken auf.

Durch die teils dichte und hohe Bebauung der Prager Burg sahen wir am zweiten Tag unserer Exkursion zunächst nur die Spitzen zweier in den Himmel ragender Türme. Als wir dann einen Durchgang passierten, standen wir plötzlich direkt vor der fast hundert Meter hohen Kathedrale, dem Prager St. Veits-Dom. Zu behaupten, dass es mir kurz die Sprache verschlug, wäre untertrieben. In nächster Umgebung zu barocken Gebäuden, wie dem erzbischöflichen Palast (Arcibiskupský palác) und dem klassizistischen Neuen Königspalast (Nový královský palác), hinterließ der im gotischen Baustil errichtete St. Veits-Dom einen besonderen Eindruck bei mir. Dieser Architekturstil ist besonders geprägt durch seine filigranen Steinmetzarbeiten, die sich häufig in den Details rund um die Fenster und Dachbauten verbergen. Bekannt sind gotische Bauwerke, so auch der Veits-Dom, durch ihre dunkle Verfärbung, welche den Elementen geschuldet ist. Für mich ist der Veits-Dom beinahe etwas wie ein steinerner, zugegeben sehr stiller, Zeuge seiner Zeit, dessen Geschichte viele Fragen, aber auch Antworten bietet. Die prägnanteste Frage, die ich mir auch heute noch stelle, ist, welche Bedeutung der Dom für Karl IV. gehabt haben könnte. 

Karl IV. wurde 1347, drei Jahre nach Beginn der Bauarbeiten, zum zweiten Luxemburger auf dem böhmischen Thron. Durch seine Mutter Elisabeth von Böhmen, eine der letzten der Přemysliden, war er Teil eines alten böhmischen Königsgeschlechts. Jedoch brachte das Aussterben der Přemysliden in der männlichen Linie auch die Frage der Kontinuität, ein wiederkehrendes Thema im mittelalterlichen Gefüge, auf. Karl IV. fand sich folglich nun als Vertreter einer neuen sowie einer alten Dynastie wieder. Der Bau des Doms bot sich als Verbindung dieser beiden Elemente an. Karl IV. ließ das bereits bestehende Gotteshaus, eine Basilika, in den Neubau integrieren. Ein nicht ungewöhnliches Vorhaben in einer Zeit, in der Materialien kostbar und aufwendig in der Beschaffung waren. Ich stelle mir die Frage, ob die Eingliederung auch eine symbolische Komponente gewesen sein könnte: Wollte Karl IV. statt mit einem Abriss mit der Erweiterung in die Fußstapfen seiner böhmischen Ahnen treten und ihnen womöglich Respekt zollen? Möglicherweise plante er auf diese Art für die neue Dynastie auf dem böhmischen Thron auch etwas Neues und Zukunftsträchtiges.

Der neue Dom sollte zukünftig als Krönungsort und Grablege der böhmischen Könige, so auch Karls IV., dienen. Karl IV. setzte auf diese Weise möglicherweise ganz bewusst ein Zeichen. Zum einen hob dies die Rolle Prags und des Doms als kontinuierlichen Teil des königlichen Wirkens und Lebens hervor. Zeitgleich wird auch deutlich, welche Bedeutung Karl IV. der Königswürde Böhmens womöglich beimaß und wie sehr er sich mit ihr identifizierte.

Ebenso ist nicht auszuschließen, dass der Dom auch einem viel offensichtlicheren Zweck diente: nämlich dem öffentlichen Bekenntnis Karls IV. zum christlichen Glauben. Zu Karls IV. Lebzeiten war der Veits-Dom vielleicht eines der höchsten Gebäude Prags und somit auch eines der physisch sichtbarsten. Gemeinsam mit der Nähe gleich zweier königlicher Residenzen, nämlich der Prager Burg und der Prager Hochburg (Vyšehrad), Sitz der Přemysliden, deutet dies auf eine besondere Nähe des Königs zu seinem Glauben hin. Die strategische Lage des Veits-doms im weltlichen Zentrum der böhmischen Macht, unterstreicht dies zusätzlich.

Neben den religiösen und wirtschaftlichen Aspekten (Prag war an der Moldau gelegen und somit ein Knotenpunkt wirtschaftlichen Handels zwischen Ost und West), darf die persönliche Komponente nicht außer Acht gelassen werden. Im Zeichen der Kontinuität stand vielleicht auch das Bedürfnis, einen Ort der Erinnerung für zukünftige Generationen zu schaffen. Dies gelang Karl IV. ohne Zweifel. Der Veits-Dom ist ein Relikt, welches eine über sechshundertjährige Geschichte erzählt, die immer mit seinem Bauherren Karl IV. beginnt. Auf diese Art setzte Karl IV. nicht nur seiner Dynastie und den böhmischen Herrschern ein Denkmal, sondern auch sich selbst. Deshalb ist Karl IV. aus der historischen Landschaft rund um den St. Veits-Dom, in der besonders das Geschlecht der Habsburger dominierte, für mich nicht mehr wegzudenken.

Prag Kloster Strahov

N.N.  

Am zweiten Tag unserer Exkursion in Prag erlebte ich eine ganztägige Stadtführung, die von Herrn Miroslav Kunštát Ph.D., einem Dozenten des Instituts für Internationale Studien der Karls-Universität, geleitet wurde. Die Fahrt mit der Straßenbahn von unserer Unterkunft aus führte uns durch die wunderschön restaurierte Altstadt Prags zum historischen Strahov- Hügel.

Unsere Führung begann im imposanten Strahov-Kloster, hoch über der Kleinstadt gelegen, einem Ort, der die Geschichte Böhmens atmet. Wir betraten das Kloster nicht durch den Hauptzugang, sondern durch eine kleinere Seitenpforte. Sofort fiel mein Blick auf das Seitenschiff und den markanten Kirchturm, der sich beeindruckend vor uns erhob. Trotz des trüben Wetters und der frischen Morgenluft um kurz nach zehn war waren schon einige Touristen unterwegs.

Wir sammelten uns an einem ruhigen Fleck, von dem aus wir die symmetrische Fassade der Kirche und den Eingang zur Bibliothek betrachten konnten. Durch das Geäst der noch kahlen Bäume konnte ich die wahre Größe des Areals erahnen. Es überraschte mich, wie harmonisch und friedlich dieser Ort der Geschichte sich darstellt.

Während Herr Kunštát seine Ausführungen machte, schlenderten vereinzelt Touristen vorbei. Manche ignorierten uns, andere besuchten neugierig die Bibliothek oder die Kirche. Erst als eine Gruppe von Schülern den Klosterhof betrat, wurde es um uns herum lebhafter. Ihre fröhlichen Stimmen brachten Leben in die altehrwürdigen Mauern und erinnerten mich daran, dass Geschichte nicht nur aus Stein und Erinnerungen besteht, sondern auch aus den Menschen, die sie mit Leben füllen.

Das Kloster, das im Jahre 1140 vom späteren König Vladislav II. gestiftet wurde, ist bekannt als das älteste des Prämonstratenserordens in Böhmen. Wie Herr Kunštát ausführte kamen die ersten Mönche aus dem weit entfernten Kloster Steinfeld in der Eifel, einem Ort, der bereits im 11. Jahrhundert begründet wurde.

Während der weiteren Erklärungen konnte ich nicht anders, als von der eindrucksvollen Klosterkirche Mariä Himmelfahrt (Kostel Nanebevzetí Panny Marie) und der St.-Rochus- Kirche (Kostel svatého Rocha) beeindruckt zu werden. Ich kann jetzt verstehen, warum dieser Platz eine so große Anziehungskraft auf Besucher aus aller Welt ausübt.

Die Stille des frühen Morgens umhüllte den Biergarten und die Klostergaststätte, die zu dieser Stunde leider noch geschlossen waren. Ich stellte mir vor, wie es wäre, das vor Ort gebraute Bier zu kosten, vielleicht in der Braugaststätte oder an einem sonnigen Tag im Biergarten.

Die Ursprünge der Basilika Mariä Himmelfahrt, vor der wir standen, liegen im 12. Jahr- hundert. Die dreischiffige Basilika, die nach einem Brand im Stil der Frühgotik erweitert und renoviert wurde, beeindruckte mich mit ihrer markanten Doppelturmfassade, einem Zeugnis der Renaissance-Architektur. Fast zwangsläufig drängten sich Gedanken über König Vladislav und seine Gemahlin auf, die ihre letzte Ruhestätte in der Kirche Mariä Himmelfahrt fanden. So stellt sich die Vergänglichkeit dar, aber auch die fortwährende Präsenz der Geschichte, die in diesen Mauern lebendig bleibt.

Die Ausführungen über die Strahover Bibliothek, die trotz mehrfacher Plünderungen im Laufe ihrer Geschichte eine beeindruckende Sammlung an Manuskripten, frühen Druck- werken, Karten und Grafiken bewahrt, haben mich fasziniert. Das Strahover Evangeliar, ein

Manuskript aus dem 9. oder 10. Jahrhundert und eines der Hauptwerke der Ottonischen Buchmalerei, stellt für mich als bibliophilem Menschen das Highlight der Sammlung dar.

Herr Kunštát beschrieb uns die zwei prächtigsten Säle der Bibliothek, den Theologischen und den Philosophischen Saal. Der Theologische Saal, entworfen von Giovanni Domenico Orsi de Orsini, beherbergte eine exklusive Sammlung theologischer Literatur, die die Entwicklung religiöser Studien über Jahrhunderte hinweg widerspiegelte. Der Philosophische Saal, erbaut nach den Plänen von Ignaz Johann Palliardi, beeindruckte mit seiner Architektur und der umfangreichen Sammlung philosophischer Werke. Nach der Säkularisation des Klosters Klosterbruck fanden dessen wertvolle Schriften hier eine neue Heimat.

Unser straffer Zeitplan erlaubte es uns leider nicht, die Bibliothek umfassend zu besichtigen. Nach einem kurzen Rundgang verließen wir den Innenhof des Klosters durch eine kleine Pforte. Der Abstieg vom Strahov-Kloster durch die umliegenden Weinberge bot uns einen atemberaubenden Blick über Prag, ein Anblick, der mir noch lange in Erinnerung bleiben wird.

*Der Name des Autors/ der Autorin ist bekannt.

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Binationaler Austausch mit tschechischen Studierenden: Wie wird die EU-Wahl ausfallen?

Charlotte de Gail

Am Mittwochnachmittag, den 13. März 2024, stand eine Besichtigung des neuen Campus der Fakultät für Sozialwissenschaften auf dem Programm, auf dem sich der Partnerlehrstuhl, der Lehrstuhl für Deutsche und Österreichische Studien, befindet. Die Initiative kam von Frau Dr. Zuzana Lizcová, der Leiterin des Lehrstuhls für Deutsche und Österreichische Studien. Sie fand, es wäre interessant, wenn die Studierenden aus Düsseldorf die Universität in Prag besuchen könnten. Zusätzlich schlug sie vor, dass die Studierenden der HHU an meinem Seminar "Sprachwerkstatt Deutsch: Schreiben, Lesen und Diskutieren fürs Studium" teilnehmen, um die tschechischen Studierenden zu treffen.

So trafen wir uns am Mittwochnachmittag am Jinonice Campus. Frau Dr. Zuzana Lizcová und ich empfingen dort die Exkursionsteilnehmer*innen aus Düsseldorf. Das neue Gebäude, das im Januar 2024 eröffnet wurde, thront auf einem kleinen Hügel. Von dort aus hat man bereits einen wunderschönen Blick über Prag. Einen noch besseren Blick erhält man allerdings in der modernen und hellen Bibliothek der Fakultät. Wir besichtigten auch noch das übrige Gebäude ehe wir mit dem Seminar starteten.

Jedes Semester kommt ein*e Studierende*r des Masterstudiengangs Geschichte von der HHU nach Prag, um zwei Kurse am Lehrstuhl für Deutsche und Österreichische Studien zu unterrichten. Während meines Semesters habe ich nur die Sprachwerkstatt unterrichtet, weil sich nicht genügend Studierende für den Kurs „Deutschland aktuell und Zentraleuropa“ angemeldet haben. Es war eine sehr bereichernde Erfahrung für mich. Zunächst fand ich es großartig, die Möglichkeit zu haben, an einer Universität zu unterrichten, also mit interessierten Studierenden zu arbeiten. Meine Studierenden waren immer motiviert, über aktuelle Themen zu diskutieren. Zweitens war es für mich das ganze Semester über ein interkultureller Austausch, und ich habe viel über Tschechien gelernt, insbesondere über die tschechische Politik und Gesellschaft. Ebenso hoffe ich, dass meine Studierenden viel über Deutschland gelernt haben. Schließlich war der Kurs eine pädagogische Herausforderung für mich, die mir viel beigebracht hat. Das Stipendium des DAAD hat mir ermöglicht, ein wunderbares Semester in Prag zu verbringen, das für meine berufliche Zukunft sehr nützlich sein wird.

Der Lehrstuhl hatte freundlicherweise einen Empfang im Seminarraum vorbereitet. So konnten sich alle kennenlernen und die Baguettes von Bageterie Boulevard probieren, einer beliebten tschechischen Fast-Food-Kette. Ein essenzieller Schritt für diejenigen, die während der Exkursion noch nicht dort gewesen waren. So begannen wir das Seminar mit vollen Bäuchen. Frau Dr. Zuzana Lizcová und Frau Prof. Dr. Anke Hilbrenner stellten nacheinander ihre jeweiligen Lehrstühle vor und erläuterten die Partnerschaft zwischen der HHU und der Karls-Universität. Diese besteht seit 30 Jahren und wurde durch den Austausch von Studierenden, Dozierenden und Professor*innen stets gestärkt, unterstützt durch den DAAD. Zum Beispiel ist eine Exkursion für tschechische Studierende nach Düsseldorf im nächsten Wintersemester geplant. Ich war positiv überrascht festzustellen, dass es einen regen Austausch in verschiedenen Formen zwischen den beiden Lehrstühlen gibt. Anschließend präsentierte ich das Stipendium des DAAD, das es mir ermöglicht, ein Semester in Prag zu verbringen. Meine Studierenden stellten dann kurz ihre Studiengänge vor: Deutsch-Tschechische Studien in Partnerschaft mit der Universität Regensburg und Territorialstudien mit Schwerpunkt auf dem deutschsprachigen Raum. Somit endete der erste Teil des Seminars, und wir kamen zum zweiten Teil.

Frau Lizcová und ich hatten eine Gruppenarbeit vorbereitet, um den tschechischen und deutschen Studierenden die Möglichkeit zu geben, sich auszutauschen. Die Studierenden wurden in fünf Gruppen aufgeteilt, jeweils mit deutschen und tschechischen Mitgliedern. Die ersten beiden Gruppen beschäftigten sich mit der Frage nach dem Wahlalter für die anstehende EU- Wahl. Die Gruppen sollten jeweils Argumente für oder gegen eine Wahlberechtigung ab 16 Jahren finden. Zwei weitere Gruppen diskutierten über die Wahlergebnisse der letzten Europawahl in Tschechien und Deutschland und den prognostizierten Wahlergebnissen für die anstehende Wahl im Juni, während die letzte Gruppe die Herausforderungen durch populistische und euroskeptische Parteien im Europäischen Parlament erörterte. Nach 20 Minuten Gruppendiskussion und dem Lesen der zugewiesenen Texte begannen wir mit den Debatten. Jede Gruppe stellte ihre Ergebnisse vor, die dann diskutiert wurden. Die hitzigste und interessanteste Diskussion fand meiner Meinung nach zum Thema Wahl ab 16 Jahren statt. Die meisten tschechischen Studierenden waren überraschenderweise dagegen wohingegen die deutschen Studierenden sich dafür aussprachen, was zu Diskussionen über die Mündigkeit

führte. Wir sprachen auch ausführlich über die politische Lage in Tschechien und Europa im Allgemeinen. Nach der Diskussionsrunde verblieb noch etwas Zeit, um sich informell auszutauschen.
Nach dem Kurs erhielt ich Feedback von meinen tschechischen Studierenden, die sehr zufrieden damit waren, die Möglichkeit gehabt zu haben, mit deutschen Studierenden zu sprechen. Sie empfanden jedoch die Zeit als zu knapp und hätten es vielleicht noch schöner gefunden, wenn wir uns alle zu einem Pivo (Bier) getroffen hätten. Auf jeden Fall bin ich der Meinung, dass das Seminar gut verlaufen ist, und hoffe, dass es für alle angenehm war.

Die verkaufte Braut

Max Otte

1866, Prozatímní divadlo (Prager Interimstheater). An einem ungewöhnlich heißen Maitag feiert die Oper „Prodaná nevěsta“ („Die verkaufte Braut“) Premiere. Sie ereilt das Schicksal von vielengroßen Opern und Theaterstücken ihrer Zeit und wird als zu unpatriotisch verschmäht. Erst nach einigen Anpassungen erlangt das Stück schließlich in den 1890er Jahren Weltruhm und avanciert zum einzigen tschechischen Stück seiner Art. Heute gilt es als Nationaloper, sein Komponist Bedřich Smetana als Nationalheld.

Das, was Smetana für die Komponisten der Tschechischen Republik ist, ist das Národni divadlo für die Theaterkultur des Landes. Es ist die herausragendste Bühne der Stadt Prag, und damit auch ganz Tschechiens. Sein Umriss ziert Postkarten und sogar die Skyline der Stadt. Wer auf die Dächer der Goldenen Stadt schaut, kommt nicht umhin neben Pražský hrad (Prager Burg) und Národni muzeum (Nationalmuseum) auch die prunkvolle Spitze des Theaterbaus zu bewundern.

Erbaut wurde es in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, finanziert durch zahlreiche Spenden. Es ist nie ein staatlich oder städtisch finanziertes Projekt gewesen, sondern eines, dass den Zusammenhalt des tschechischen Volkes symbolisieren sollte: Zu einer Zeit, in der das Königreich Böhmen Teil des Habsburgerreiches war. An dieser Stelle sei aber erwähnt, dass auch der österreichische Kaiser Franz Joseph I. für den Bau des Theaters spendete.

 

Das Foyer einer Nation 

Außen wie innen ist das Theater ein Prunkbau. Im Stile der Neorenaissance dominieren dunkelrot und gold, ein gigantischer Kronleuchter hängt im Zentrum des Theatersaales, umringt von acht Musen auf himmelblauem Grund. Es gibt mehrere Galerien, an den Seiten Logen für Staatspräsidenten und den Prager Bürgermeister. Das prunkvollste Foyer aber gehört weder dem einen noch dem anderen.

Es ist dem tschechischen Volk vorbehalten, reich dekoriert mit verschiedensten Malereien, die einige Schlüsselmomente der nationalen Historie zeigen. Sozusagen eine gemalte Geschichte des Landes. Hintergrundwissen, das wir alle nicht hatten. Freundlicherweise haben wir am Vormittag unseres Opernbesuches (13.03.2024) eine einstündige Führung durch das Národni divadlo erhalten, und so viel über die Geschichte des Gebäudes lernen können.

Apropos Geschichte. 1881 war es dann so weit. Obwohl das Theater noch nicht in Gänze fertiggestellt war, wurde es im Zuge des Besuches von Kronprinz Rudolf mit der eigens dafür komponierten Oper „Libuše“ eingeweiht. Der Komponist: Bedřich Smetana. Es ist Zeit, den Bogen zurück zu ihm zu schlagen.

 

Tanzende Trampolinaffen 

Am 13. März besuchten wir eine moderne Aufführung der verkauften Braut im Národni divadlo (Nationaltheater).  Während der Führung durch das Theater, hatte unser Guide die Aufführung als modern angepriesen. Altgesottene Theatergänger und Theatergängerinnen hätten das Theater enttäuscht verlassen, sogar Flip-Flops seien Teil der Kostüme. Wahnsinn. Wer sich schonmal in das Düsseldorfer Schauspielhaus getraut hat, um Christian Friedel dabei zuzusehen, wie er den ersten Akt von Shakespeares Hamlet in ein Rockkonzert verwandelt, lässt sich davon wenig erschüttern.

Nun ist Hamlet aber ein zahlreich modern interpretiertes Theaterstück, und „Die verkaufte Braut“ nicht weniger als eine Oper von nationaler Tragweite. Dementsprechend weicht die Darstellung des Národni divadlo nur an wenigen Stellen von einer traditionellen Aufführung ab. Lediglich eine Szene, in der plötzlich Darsteller und Darstellerinnen in weißen Affenkostümen auf Trampolinen über die Bühne schweben – direkt nach Beginn des dritten Akts – haben bei mir Assoziationen eines Fiebertraums geweckt.

Herauszustellen ist zudem die gesamtmusikalische Leistung des Ensembles: sowohl Orchester als auch Gesang. Letzterer erfolgt auf Tschechisch, im Národni divadlo dürfen nämlich nur Stücke in der Landessprache aufgeführt werden. Für mich – als Laien der Oper und der tschechischen Sprache – bleibt vom Stück somit ehrlicherweise nicht so viel hängen. Was bleibt: Die Erinnerung an eine eindrucksvolle Inszenierung auf einer der Bühnen Europas. Der Besuch eines Prager Wahrzeichens. Dieser sei wärmstens empfohlen: Worte können die Bedeutung dieses Gebäudes für die tschechische Nation nur umreißen.

Krieg zum Anfassen - im Heeresmuseum Žižkov in Prag

besucht am 15.03.2024 von Joshua Mößmer

Das Prager militärhistorische Museum Žižkov liegt in der Nähe des Prager Busbahnhofs Florence und ist in einem Gebäude mit einer typischen brutalistischen Architektur angesiedelt.

Im Eingangsbereich sind erste Vitrinen mit diversen Schusswaffen aus dem Zweiten Weltkrieg — eine Vitrine mit Ausrüstungen aus dem Afghanistaneinsatz und ein Schaubild mit Teilen von Munitionen, die in der Ukraine verschossen wurden, zu sehen. Man erhält somit einen groben Einblick in die Thematiken, die im Museum vorzufinden sind. Der Besucher wird auf momentane Weltereignisse hingewiesen.

Die Ausstellung ist auf drei Ebenen verteilt und behandelt die tschechische Militärgeschichte vom Frühmittelalter bis zu der tschechischen Teilnahme am Afghanistan Einsatz, welcher 2021 sein Ende fand.

Der Anfang der Ausstellung befindet sich im obersten Stock. Pro Stockwerk hat das Museum zwei „Flügel“ durch welche die Besucher geleitet werden. Im ersten Flügel wird der Zeitraum vom Frühmitelalter bis zur späten Neuzeit im Jahr 1740 behandelt. Der zweite Flügel behandelt danach die Moderne bis zum Anfang des 1. Weltkriegs im Jahr 1914. Man kann an dem chronologischen Aufbau der Thematik und der Exponate sehr gut erkennen, wie sich die Technologien, Ausrüstungsgegenstände und Taktiken weiterentwickelt haben. Dies wird dem Besucher anhand auswählbarer Videos veranschaulicht, in denen Nachsteller in den passenden Uniformen mit den jeweiligen Waffen schießen und diese dann nachladen. Einige Exponate sind auch zum Anfassen ausgestellt. Dies gibt den Besuchern die Möglichkeit zu erfahren, wie sich einige der Waffen und Gegenstände anfühlen.

Kurz bevor das Jahr 1914 behandelt wird, erreichen die Besucher einen mit Holz verkleideten Raum, in dem dann noch diverse Jagdwaffen der Monarchen des Habsburgerreichs ausgestellt sind. Hier ist das Highlight ein mit gold verzierter Schwarzpulverbehälter aus Italien.

Danach geht es ein Stockwerk runter zu der Ausstellung des 1. Weltkrieges. Hier sind alle typischen Waffen und Ausrüstungsgegenstände der Kriegsparteien zu sehen. Zusätzlich gibt es auch einen Teil, in dem ein französisches Grabensystem nachgestellt wird. Dieses ist mit einer Rauchmaschine, Gefechtsgeräuschen und Wachsfiguren ausgeschmückt, um den Besucher emotional an die Westfront zu versetzen, wobei hier natürlich der allgegenwärtige Schlamm fehlte, welcher die Soldaten auf beiden Seiten des Konflikts plagte und für eigene Probleme sorgte. Dies ist aber auch sicherlich besser, da es sonst eine Schlammspur in den Hallen des Museums gäbe. Dieser Raum hat bei mir persönlich den größten Eindruck hinterlassen, da die Grabenanlage ein beengendes Gefühl verursacht, da das Gebiet außerhalb der Gräben (No Mans Land) einer der zu der Zeit tödlichsten Orte der Welt war.

Etwas Anderes, was mich beeindruckte, war die Größe der schweren Artilleriegeschosse, die benutzt wurden, um feindliche Linien zu brechen, wie zum Beispiel die 42cm „Dicke Bertha“ - einem schweren Mörser, welcher ein 850kg schweres Geschoss 10km weit schießen konnte. Die Hülsen (Treibladungsbehälter) dieser Waffe sind groß genug, dass sie mir bis zur Schulter gehen und man darin jemanden verstecken könnte. Wahrlich Ehrfurcht einflößend und ein Zeichen der absoluten Materialschlacht an der Westfront.

Nach der Ausstellung zum 1. Weltkrieg wird die Zwischenkriegszeit (1918-1938) behandelt. Hauptsächlich geht es hier aber um technologische Fortschritte, wie z.B. bessere Fertigungsverfahren, neue Motoren für Flugzeuge, Infanteriewaffen und die verstärkte Motorisierung von Armeen, welche vorher hauptsächlich Pferde zum Transport nutzten. Später wird die Machtergreifung Adolf Hitlers 1933 und die darauffolgende gewaltsame Okkupation Tschechiens durch die Nationalsozialisten, und wie tschechische Truppen dies versucht haben zu stoppen, behandelt.

Ein Stockwerk weiter unten (nun wieder im EG) geht es weiter mit dem Zeitraum 1939-1948 wobei hier der Zweite Weltkrieg klar die Hauptthematik ist. Es werden so ziemlich alle Themen aufgegriffen, von Infanterie bis zur Artillerie, Luftwaffe und auch Teilen des Seekriegs. Aber auch der Widerstand und Spionage haben eine kleine Ecke mit Kofferfunkgeräten und Funkstationen gefunden, die auf den britischen Inseln stationiert waren, um den Spionen und Widerstandskämpfern Anweisung zur Sabotage von gezielten Einrichtungen zu geben. Interessanterweise gibt es in der Ausstellung auch ein 1:1 Model der „Little Boy“ Atombombe, welche am 9. August 1945 Hiroshima zerstörte. 

In dem letzten Teil der Ausstellung, sind alle Entwicklungen seit 1948 und der Kalte Krieg zu finden. Dieser Bereich behandelt ein breites Spektrum diverser Themen. Zum einen geht es um politische Rivalitäten zwischen Ost und West und dem Eisernen Vorhang, zum anderen aber auch um technische Neuerungen, wie zum Beispiel moderne Kampfjets, welche Schallmauern durchbrechen können, Sturmgewehre und den ersten modernen Panzer. Außerdem wird das sogenannte „space race“ behandelt und auch die Stellvertreterkriege in Korea und Vietnam.

Gegen Ende der Hauptausstellung wird dann auch der Global War On Terror (GWOT) angeschnitten, es wird gezeigt, wie tschechische Soldaten in Baracken gelebt haben, einem Aspekt des Lebens von Soldaten, der eher selten beleuchtet wird. Diese Baracken waren in der Regel Container oder Holzhütten, in denen die Soldaten in Stockbetten schliefen und ihre Zeit mit Gesellschaftsspielen und sogar mit begrenztem Internetzugang verbrachten. Denn eins ist klar, der Alltag eines Soldaten ist hauptsächlich Warten, Gefechte sind eher selten und werden in den Medien oft besser dargestellt als sie in Wahrheit sind. Am Ende in dieses Ausstellungsteils war eine Gedenktafel der gefallenen tschechischen Soldaten in Afghanistan. Mir hat dort der selbstgebaute Dienstplan aus einem Brett, Flaschendeckeln und einer Schnur besonders gefallen, da er gut zeigt, wie Soldaten versuchen Langeweile zu bekämpfen und auch ein wenig Heimat in einen fernen Ort bringen.

Als letztes ging es dann noch in die Sonderausstellung „1943 – Czechoslovak Army on the Eastern Front“ in der die Rolle der tschechischen Armee an der Ostfront beleuchtet wird, es ist eine kleine Ausstellung mit ein paar Uniformen, Waffen und einem lebensechten Winterdiorama einer Frontlinie mit Panzerabwehrkanonen und einem kleinen Schützengraben im Schnee, um die typischen Gefechtsbedingungen im Winterkrieg 1943 zu zeigen.

Als letztes ging es dann noch in die Sonderausstellung „1943 – Czechoslovak Army on the Eastern Front“ in der die Rolle der tschechischen Armee an der Ostfront beleuchtet wird, es ist eine kleine Ausstellung mit ein paar Uniformen, Waffen und einem lebensechten Winterdiorama einer Frontlinie mit Panzerabwehrkanonen und einem kleinen Schützengraben im Schnee, um die typischen Gefechtsbedingungen im Winterkrieg 1943 zu zeigen.

Alles in allem war der Besuch im Museum sehr lohnenswert, vor allem wenn man sich für den technisch historischen Aspekt der Militärgeschichte interessiert. Etwas, was allerdings leider ein wenig kurz gefallen ist, sind die politischen Hintergründe der behandelten Kriege. Zwar werden sie angeschnitten, dies geschieht aber nur auf einer oberflächlichen Ebene und nicht in einem zufriedenstellenden Detailgrad für Besucher, die mehr über die Konflikte wissen möchten. Ein weiterer Kritikpunkt ist die deutlich sichtbare Werbung für das tschechische Militär in dem letzten Ausstellungsteil, denn kurz vor dem Ausgang läuft eine Werbevideo, um neue Soldaten anzuwerben.

Wenn man dieses Museum besucht, sollte man genug Zeit mitbringen, dreieinhalb Stunden haben gerade so gereicht, um alles zu sehen. Es reichte aber nicht für jedes Detail und Einiges wurde auch übersehen. So zum Beispiel heißt es auf der Homepage, dass jedes der Exponate eine Geschichte hat, in der die Besucher das Schicksal erfahren können, in dem ein QR-Code eingescannt wird. Diese Information hat sich leider erst in der Nachrecherche offenbart, da es nicht von vornherein kommuniziert wurde, dass dies eine Möglichkeit ist.

An dem Tag war das Museum auch eher wenig besucht. Bis auf einzelne Besucherpärchen war nur eine kleine Touristengruppe vor Ort und man war in der Lage, alle Exponate in Ruhe zu sehen. Trotz all dem hat es mir aber sehr gefallen das Museum zu besuchen und auch etwas mehr über die tschechiche Militärgeschichte zu erfahren, die oftmals außen vor gelassen wird.

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